DrupalCamp Ruhr 2025: Zwei Tage Community-Erlebnis in Essen
Auf dem Essener DrupalCamp Ruhr 2025 von 12.-13. September waren wieder einige erdfische dabei. Darunter ich als inzwischen sechsjähriger Mitarbeiter und Projektmanager.
In zwei vollgepackten Tagen ging es wieder um Drupal, das Web, Artificial Intelligence und alles, was unsere Branche sonst noch bewegt.
DrupalCamp Ruhr: Was ist das?
Es handelt sich um ein Event im "Barcamp" Format. Das bedeutet: Die Teilnehmenden finden sich morgens zusammen und stellen die Sessions vor, die sie gerne halten möchten. Daraus entsteht ein Plan, den alle sehen können – und dann geht es auch schon los.
Jede Stunde kann man in einem der Vortragsräume eine weitere Session nach Wunsch besuchen zu dem Thema, welches man aus der gebotenen Auswahl am interessantesten findet. Oder auch einfach nur netzwerken und mal zwischendurch den Laptop rausholen, um andere Nerd-Themen zu verfolgen.
Zum Höchstpunkt waren 73 Besucher:innen auf dem Camp anwesend. Das sind natürlich andere Kategorien als die ein- bis zweitausend, die man jährlich auf der europäischen DrupalCon antreffen kann. Entsprechend familiärer und vertrauter ist hier auch der gegenseitige Kontakt.
Im Camp-Artikel von 2023 gibt es noch mehr Infos dazu, was das DrupalCamp-Format ist, wie es funktioniert und was die Ruhrgebiet-Ausgabe im speziellen auszeichnet. Diesen empfehle ich an der Stelle unbedingt für einen Eindruck, der in die Tiefe geht.
Noch mehr über Camp und Community erfährt man in meinem Bericht vom Berliner DrupalCamp 2024.
Viele Themen Von AI bis Accessibility
AI bzw. KI ist *das* Thema, auch bei Drupal
Spätestens seit der Drupal CMS Ankündigung von Dries Buytaert in Barcelona 2024 mit klarem Fokus auf AI gibt es eine deutliche Ausrichtung und Positionierung für Drupal zu dem Thema.
Webentwicklerinnen und -entwickler sehen sich täglich mit zahlreichen Fragen konfrontiert:
Wie binden wir AI in Drupal idealerweise ein? Wie verhindern wir, dass sie sich Unwahrheiten "zusammenspinnt"? Welche rechtlichen und geschäftlichen Risiken entstehen? Wie gehen wir damit um? Welche Verantwortung trifft uns? Ist das alles nur eine "Hypetrain"?
Von einem durchaus kritischen, aber sehr kompetenten und Augen öffnenden Vortrag zum Status Quo der großen LLMs (Antje Lorch) bis hin zur strategischen Ausrichtung und nächsten Zielen der offiziellen Drupal AI Initiative (Baddy Breidert & Christoph Breidert) war die ganze Bandbreite des Themas vertreten.
Barrierefreiheit: Wie detailliert kann sie werden?
Das Dauerbrenner-Thema Barrierefreiheit / Accessibility im Web betrifft uns alle. Drupal bietet out-of-the-box die perfekten technischen Grundlagen, um barrierefreie Projekte zu bauen. Doch man muss sie auch nutzen. Was ist alles nötig, um eine "Double AA" oder gar "Triple AAA" Bewertung in Barrierefreiheit entsprechend Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) zu erreichen?
Nicolai Schwarz, gleichzeitig einer der Hauptverantwortlichen für die Organisation des Camps, veranschaulichte in seinem Vortrag erstaunlich kleinteilige Details am Beispiel der Website des Jüdischen Museums Berlin.
... und weitere Themen
In den insgesamt 26 Sessions und zwei Keynotes wurden natürlich noch viele weitere spannende Themen aufgegriffen, denen wir in unserem beruflichen Alltag begegnen. Mal ging es um die richtigen Kniffe bei Migrationen, mal um das neue Drupal CMS, Performance-Tuning für MySQL Datenbanken oder einen skeptischen Blick auf "Vibe Coding". Auch wieder mit dabei war Niklas Franke, der das Berliner DrupalCamp maßgeblich organisiert hatte. Er erzählte uns von den Hindernissen und Hoffnungsschimmern, die nach einer langen Projektreise zum Relaunch von drupal.de geführt hatten.
A propos drupal.de: Der Drupal e.V. hat auf dem Camp auch wieder eine Mitgliederversammlung abgehalten. Ganz im Sinne des Non-Profit-Gedankens gibt es natürlich in Deutschland einen e.V., dessen Vorsitz momentan Frank Holldorff inne hat: https://www.drupal.de/ueber-den-drupal-ev
Die größten Sessions sind hier verzeichnet: https://drupalcamp.ruhr/en/sessions
Langweilig wurde es nie.
Open Source: Koffein statt Konkurrenz
Wie immer im Drupal-Kontext war auch diesmal natürlich das herzliche, kooperative OpenSource Mindset ausschlaggebend: Wir stehen den Anderen, die das Gleiche machen wie wir, nicht als Konkurrenten gegenüber. Sondern wir lösen geteilte Probleme und tragen uns so gegenseitig. Alle werkeln an derselben Software und bauen damit das moderne Web.
Es ist beim gemeinsamen Kaffeegenuss einfach viel angenehmer, sich zu erzählen, welche Codezeile man für die ganze Community verbessert hat, anstatt sich Geschäftsgeheimnisse oder Patente gegenseitig zu verheimlichen.
erdfisch ist natürlich dabei und ich traf neue Kollegen nach sieben Monaten zum ersten Mal.
Klar: erdfisch gehörte wieder zu den Sponsoren des Events. Insgesamt waren wir mit sechs Personen vor Ort vertreten.
Seit Februar haben wir Verstärkung im Team: Peter Majmesku und Holger Weischenberg. Letzterer kommt direkt aus dem Ruhrpott und hat sich als einer der Hauptverantwortlichen für das Camp besonders stark reingekniet, um es zu einem gelungenen Event zu machen.
Mit beiden erdfischen, mit denen ich seit über einem halben Jahr bereits zusammen arbeite, habe ich hier zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht gesprochen. Auch dafür ist so ein Camp im Zeitalter von Remote Work natürlich eine starke Gelegenheit: um das eigene Team persönlich zu treffen.
Meine erste Session – natürlich handelte sie von Projektmanagement.
Das Management-Budget in einem Drupal-Projekt richtig im Auge behalten – wie geht das? Wie verhindern wir, dass ein Festpreis sich schleichend aufbraucht, weil Beratung und Support für den Kunden doch aufwendiger sind, als initial angenommen?
Damit habe ich mich in meinem Mitmach-Vortrag auseinandergesetzt. Hier ist natürlich auch Wissen eingeflossen, welches wir schon mehrfach öffentlich verbreitet haben. Für Informationen, die weiter in die Tiefe gehen, empfehle ich beispielhaft die folgenden Artikel:
- Agiler Festpreis
- Verlässliche Preisfindung ohne Kristallkugel
- Scope Creep und schleichender Verlust der Kostenkontrolle
Die Teilnehmer:innen in meiner Session haben sich sehr rege am Gespräch beteiligt und wir hatten einen guten Austausch über die Tools und Methoden, mit denen andere Drupal-Schaffende Controlling betreiben, Kostenkontrolle ausüben usw. Mit Erstaunen stellte ich fest, dass meine Methoden denen der anderen offenbar nicht großartig hinterher hinken, sondern dass ich wohl auf einem ganz guten Weg sein muss.
Dass ich eine Session aus der eher seltenen Perspektive eines PMs auf dem Camp angebracht habe, kam sehr gut an. Ein super Gefühl: Man wächst mehr und mehr mit der Community zusammen.
Mal sehen, vielleicht bewerbe ich mich ja demnächst mal für einen Vortrag auf einer DrupalCon?… Vorerst noch nicht. Aber im Oktober besuche ich natürlich die größte europäische Drupal-Veranstaltung wieder – diesmal in Wien.
Besteht ein DrupalCamp nur aus Arbeit?
Im Gegenteil. Eher fühlt es sich an wie eine gemeinsame Lern-Safari mit kurzem Erlebnisurlaub in einer fremden Stadt.
Zwischendurch gibt es eine gemeinsame Mittagspause und am Abend finden sich die Drupaler natürlich wie immer zu verschiedenen "social events" zusammen – geplant wie ungeplant.
Geplant waren diesmal unter anderem ein Besuch im "Südrock" Club und die schon sehnlichst von allen erwartete Trivia Night, hier als "Nerd Quiz" betitelt.
Ungeplant kann es schon mal zu einer kleinen Jam-Session kommen. Das Essener Unperfekthaus bietet für so etwas ideale Voraussetzungen und Instrumente sind reichlich vorhanden. So habe ich mich fast zufällig mit einigen Leuten aus unserem direkten Netzwerk plötzlich dabei wiedergefunden, dass wir ein paar schöne Liedchen zum Besten gaben. Musik verbindet natürlich nochmal auf eine ganz andere Art und Weise.
Im Bild sieht man, dass auch das 2025er DrupalCon-Maskottchen Franz-Josef die Finger einfach nicht von den Tasten lassen kann.
Ein voller Erfolg
Die DrupalCamps sind mir inzwischen ans Herz gewachsen. Es sind kleine, lokale Events, die mit Leidenschaft organisiert und durchgeführt werden. Der direkte Draht zur Community ist erfrischend und wichtig fürs Netzwerk.
Auch für Einsteiger oder Quasi-Außenseiter wie mich, die gar keinen Code schreiben, gibt es auf DrupalCamps reichlich zu erleben. Tickets sind sehr günstig – deutlich im zweistelligen Bereich – und Voraussetzung ist nur ein großes Interesse für das moderne WWW.
Vielleicht sehen wir uns beim nächsten DrupalCamp?